Wide Gamut - Verständnisfrage Farbmanagement

  • Hallo,


    ich weis nun, dass mittels Farbmanagement das Standard-Grafikartensignal dem erweiterten Farbraum eines Wide Gamut Monitor angepasst werden muss, soweit ok. Dazu habe ich ein paar Fragen:



    1. Soweit ich das mitbekommen habe, hat erst Windows 7 ein vollständiges Farbmanagement, bei Windows XP ist es von den Anwendungen abhängig, insbesondere Browser sind hier noch nicht auf den letzten Stand. D.h., einige Anwendungen werden farbkorrigiert, andere überstrahlen, hab ich das
    richtig verstanden?



    2. Gilt die Farbmanagement Einstellung für alle Anschlüsse der Grafikkarte? Wenn ja, müssten die Farben am TVout dann flau sein, oder?


    3. Wenn ein Wide Gamut TFT nur im sRGB Modus betrieben wird, verzichte ich zwar auf den erweiterten Farbraum, aber das Farbmanagement und dessen Probleme spare ich mir?


    4. Ein Standard Monitor arbeitet mit 8 bit Farbtiefe, die Wide Gamut Monitore arbeiten mit 10, 12 oder 16 bit Farbtiefe. Wozu kann ich in den Windows Anzeigeoptionen dann 16 oder 32 bit Farbqualität auswählen?



    MfG
    Chris

  • Zu 1) Nein - Windows 7 implementiert ein brauchbares CMM - die Anwendungen müssen aber explizit darauf zugreifen. Es bleibt also dabei: Die jeweilige Anwendung muß farbmanagementfähig sein.


    2) Hier vermute ich, dass du die Kalibrierung mit der Profilierung verwechselst. Im ersten Schritt wird der Bildschirm auf deine Vorgaben (Helligkeit, Weißpunkt, Gradation) kalibriert. Das sichert noch keine farbechte Darstellung. In der anschließenden Profilierung wird der Bildschirm farbmetrisch erfasst. Der Farbrechner (das CMM) farbmanagementfähiger Software/ des Betriebssystems kann dann über einen geräteunabhängigen Farbraum die benötigten Transformationen durchführen.


    3) Das setzt erstmal voraus, dass du einen reinen sRGB Workflow hast und der Bildschirm tatsächlich einen brauchbaren, farbraumbeschränkenden sRGB Modus mitbringt. Das ist nicht selbstverständlich. Die Königsklasse für den ungemanagten Workflow wären Bildschirme mit einer flexiblen Farbraumemulation (insbesondere bei den Eizo CG zu finden). Damit kannst du die Farbwiedergabe in ungemanagter Umgebung sehr exakt steuern.


    4) Es geht hier nicht um die externe Ansteuerung - und es hat auch nichts mit dem erweiterten Farbraum zu tun. Eine leistungsfähige Elektronik mit entsprechender "Bittiefe" verhindert in erster Linie Tonwertverluste bei Einstellungen mit Bordmitteln bzw. im Rahmen einer Hardwarekalibrierung. Am Ende steht üblicherweise weiter ein 8-Bit Panel mit einer vorgeschalteten Ditheringstufe. Das gilt z.B. selbst für den Eizo CG243W, der über DisplayPort mit 10-Bit pro Kanal angesteuert werden kann. Daneben gibt es noch einige wenige Bildschirme mit 10-Bit Panel - allerdings ebenfalls nur im High-End Bereich. Dazu muß man sagen, dass Grafikkarte, Anwendung, Treiber und Betriebssystem das auch unterstützen müssen.


    Zitat

    Wozu kann ich in den Windows Anzeigeoptionen dann 16 oder 32 bit Farbqualität auswählen?


    Bei den Bildschirmangaben handelt es sich um die Bittiefe pro Kanal. 8-Bit pro Kanal = 24-Bit RGB = 32-Bit in deiner Windowsauswahl, weil hier (vor der Ausgabe; wird verrechnet) noch ein 8-Bit Alphakanal dazukommt.


    Gruß


    Denis

    Gruß


    Denis

  • Hallo,
    vielen Dank für die umfassende Antwort ;)



    Ich habe schon öfters gelesen, dass ein WCG-Panel den normalen sRGB-Farbraum schlechter darstellen soll als ein sRGB-Panel, welches die sRGB-Signale 1:1 darstellt und nicht wie das WCG-Panel erst auf sRGB umrechnen muss.


    Stimmt das?


    mfg
    Chris

  • Zitat

    welches die sRGB-Signale 1:1 darstellt und nicht wie das WCG-Panel erst auf sRGB umrechnen muss.


    Im normalen Farbmanagement-Workflow finden die notwendigen Transformationen softwareseitig über ein CMM statt, das auf die entsprechenden Profile zugreifen kann. Solange der Bildschirm den gewünschten Quellfarbraum möglichst komplett abdeckt (Überabdeckungen sind unproblematisch), können bei korrektem Monitorprofil sehr exakte Transormationen durchgeführt werden.


    Das "Konzept sRGB" funktioniert bei durchgängigem "sRGB-Workflow" auch ohne Farbmanagement (zumindest für im Heimanwenderbereich ausreichendem Maßstab), allerdings muß sich die eingesetzte Gerätekette auch wirklich durchgängig an die Spezfikationen halten.


    Gruß


    Denis

    Gruß


    Denis

  • Hm, ich glaube nicht, dass Du seine Frage damit wirklich beantwortet hast.


    Ich versuch's auch mal: Zur Veranschaulichung beschränken wir uns auf einen Farbkanal, z.B. Rot.
    Üblich ist eine 8-bit-Kodierung, also ein Wertebereich von 0..255.


    Das Problem (und damit der Grund, warum man Farbmanagement betreibt) ist nun, dass "255" je nach Ausgabegerät einem anderen Rot entsprechen kann. Nehmen wir mal an, bei Deinem Monitor würde damit ein Rot mit 700nm Wellenlänge wiedergegeben, Du willst Dich aber auf 680nm beschränken: auf PC-Seite wird das Problem einfach so gelöst, dass (z.B.) eben nur noch ein Wert von maximal "240" an den Monitor gesendet wird. Damit stehen aber auch nur noch 240 Farbabstufungen zur Verfügung. Ironischerweise wird der Effekt umso stärker, je farbkräftiger der Monitor ist, oder umgekehrt: ein von Haus aus "beschränkter" Monitor muss nicht durch den PC im Wertebereich beschnitten werden.


    Übernimmt dagegen der Monitor die Farbraumemultation, bleibt es bei einem Wertebereich von 0..255; er wird damit angewiesen, die "255" nun anders zu interpretieren. Wie gut er das hinkriegt, hängt von der internen Elektronik und auch dem Panel ab, denn alle Panels für Normalsterbliche lassen sich nur mit 8bit pro Farbe ansteuern.

  • Zitat

    Du willst Dich aber auf 680nm beschränken: auf PC-Seite wird das Problem einfach so gelöst, dass (z.B.) eben nur noch ein Wert von maximal "240" an den Monitor gesendet wird. Damit stehen aber auch nur noch 240 Farbabstufungen zur Verfügung.


    In einem "8-Bit Workflow" sollte jedes CMM eine Dithering-Option implementieren. Extensive Praxistests habe ich noch nicht gemacht, aber das wäre schon einmal ein Faktor, der in Bezug auf Tonwertverluste "mildernd" wirken würde. Außerdem muß man bedenken, dass durch den kleineren Arbeitsfarbraum die Tonwerte sowieso näher zueinander rücken (allerdings dürfen wir natürlich nicht nur "in Farbe" denken; die Gradation kann ja durchaus auch differieren). Im Vergleich zur "nativen Darstellung" tut sich i.d.R. nicht zu viel.


    Zitat

    Übernimmt dagegen der Monitor die Farbraumemultation, bleibt es bei einem Wertebereich von 0..255; er wird damit angewiesen, die "255" nun anders zu interpretieren. Wie gut er das hinkriegt, hängt von der internen Elektronik und auch dem Panel ab, denn alle Panels für Normalsterbliche lassen sich nur mit 8bit pro Farbe ansteuern.


    Monitore mit Farbraumemulation oder auch "nur" einem vernünftigen sRGB Modus, verfügen über eine entsprechend potente Elektronik, über die Tonwertverluste vermieden oder stark vermindert werden. Panelseitig kommen tatsächlich meist "8-Bit Varianten" zum Zug, allerdings setzt hier dann immer eine Dithering-Stufe auf (i.d.R. eine FRC-Variante, also Dithering mit spatialer und temporaler Komponente). Gut gemacht, überwiegen die positiven Aspekte: Der Tonwertumfang bleibt hoch, gefürchtete Artefakte aber auf absolut geringem Niveau.


    Gruß


    Denis

    Gruß


    Denis


  • In einem "8-Bit Workflow" sollte jedes CMM eine Dithering-Option implementieren. Extensive Praxistests habe ich noch nicht gemacht, aber das wäre schon einmal ein Faktor, der in Bezug auf Tonwertverluste "mildernd" wirken würde. Außerdem muß man bedenken, dass durch den kleineren Arbeitsfarbraum die Tonwerte sowieso näher zueinander rücken (allerdings dürfen wir natürlich nicht nur "in Farbe" denken; die Gradation kann ja durchaus auch differieren). Im Vergleich zur "nativen Darstellung" tut sich i.d.R. nicht zu viel.


    Damit hast Du natürlich recht.
    chris68: ich wollte mit meiner Erklärung nur klarmachen, welchen Hintergund die von Dir zitierte Aussage hat. In wie weit einem das dann auffällt - oder gar stört - steht auf einem anderen Blatt. Nicht zuletzt liegt es auch (wörtlich) im Auge des Betrachtes, denn wie bei allen Sinnen ist auch die Farbwahrnehmung von Mensch zu Mensch unterschiedlich sensibel.