Wide Gamut Displays und Colorimeter

  • Hallo allerseits!


    Ich habe mich die letzte Zeit recht intensiv mit Kalibrierung, Profilierung und Farbmanagement beschäftigt. (Das heißt aber noch lange nicht das ich alles verstanden habe...)


    Dabei habe ich mich mit den Messproblemen von Colorimetern bei Wide Gamut Displays auseinander gesetzt. Insbesondere wenn sie nicht hardwarekalibriebar sind fehlt meist eine Anpassung der Messungen durch Software an diese Bildschirme. Ich glaube ich bin gestern zu einer wahrscheinlich recht eleganten Lösung gekommen. Dazu benötigt man die Software von Quato (iColor Display), am besten das DTP94 und für eine Referenz Messung ein Spektralfotometer wie i1pro.


    Im Programm-Ordner von iColor Display gibt es eine DeviceCorrections.txt Datei in denen alle Korrektur Matrizen gespeichert sind. Die Matrizen werden zu nichts anderem als der Umrechnung von XYZ Werten genutzt. Mit dem i1pro als Referenz und den Messergebnissen eines Colorimeters kann man nun die XYZ-Matrix selbst erstellen. Interessant wäre es auch zu wissen ob die Programme zur Hardware-Kalibrierung der Eizos und NECs auch eine solche Datei (in ASCII/Klartext) irgendwo im Programmordner haben.


    Das sind die Schritte (grob):


    1. LUT resetten (wobei das wahrscheinlich nicht nötig ist)
    2. mit dem i1pro die XYZ-Koordinaten der primaries R,G und B messen
    3. mit dem dtp94 die XYZ-Koordinaten der primaries R,G und B messen
    4. korrektur matrix mit scilab/excel erstellen und in DeviceCorrections.txt eintragen
    5. iColor Display muss neu gestartet werden
    6. mit dem dtp94 unter Zuhilfenahme der Korrektur-Matrix (also bei der Wide Gamut Optimierung den passenden Eintrag auswählen) Kalibrieren und Profilieren.


    Primaries Referenz (Messung mit i1Pro Spektralfotometer):


    |X_r X_g X_b|
    |Y_r Y_g Y_b| = pri_ref
    |Z_r Z_g Z_b|ref


    Primaries DTP-94:


    |X_r X_g X_b|
    |Y_r Y_g Y_b| = pri_dtp
    |Z_r Z_g Z_b|dtp


    pri_ref = A * pri_dtp


    => A = pri_ref * pri_dtp^-1


    |a11 a12 a13|
    |a21 a22 a23| = A
    |a31 a32 a33|


    => A in DeviceCorrections.txt einfügen:


    MatrixXYZ = "3 3 1482250784 a11 a12 a13 a21 a22 a23 a31 a32 a33 "


    Es muss natürlich eine zur Messsonde passender Eintrag ausgewählt werden um dort den MatrixXYZ Eintrag zu ändern. iColor Pro achtet darauf, dass die zur Sonde passende Korrektur Marix genutzt wird. Man kann so weit ich es feststellen konnte keinen zusätzlichen Eintrag einfügen oder den Namen eines alten ändern. Man muss also einen Eintrag opfern und sich merken welcher es ist...


    Bei den zwei 3en und der 1482250784 bin ich nicht sicher was sie bedeuten. Ich habe folgendes dazu gefunden:
    Die 0 als field value für "Profile class is input"
    Die 3 als field value für "Profile class is device link"
    Die 1482250784 als field value für "ICC Profile Color Space Type Signature: 'XYZ '"


    Aufgefallen ist mir nur, dass bei dem Referenzinstrument i1pro 1482250784 der dritte Wert ist, beim Minolta CS1000 ist es die 0.


    Ich habe zwar bisher kein Wide Gamut Display und auch kein i1pro (;)), aber ich habe einfach mal das DTP94 als Referenz genommen und die Spyder3 als die zu korrigierende Messsonde. Das ist im Falle eines CRT Bildschirmes auch gar nicht falsch, da die iColor Display Software bei der Sypder3 nicht zwischen CRT und LCD unterscheidet (egal ob man CRT oder LCD in der Software einstellt die Messergebnisse bleiben gleich) und somit die CRT Messungen falsch sind (zumindest im Vergleich zum DTP94).
    Nachdem ich die Spyder3 kalibriert hatte kamen dann auch die richtigen Messergebnisse beim Messen eines CRTs raus! Der von der Spyder3 gemessene Weißpunkt lag vor der Kalibrierung der Messsonde um ca. 500K zu niedrig, die Primaries selbst waren an und für sich schon recht gut getroffen, haben sich aber auch leicht verbessert.


    Das heißt zumindest für mich: Wenn ich in nächster Zeit ein Wide Gamut Display (irgend eins von U2410 bis SX2462W, bin mir noch nicht sicher) kaufe, werde ich mir für einen Tag das i1pro ausleihen (entweder ich lernen noch jemanden kennen der so ein Gerät hat oder ich nutze einen Verleih-Service) und kalibriere das DTP94 speziell auf meinen Bildschirm. Das kann man dann vielleicht alle 2 Jahre oder so wiederholen um das driften des DTP94 auszugleichen...


    Wenn man Zugang zu vielen Bildschirmen hat und zum i1pro und einem DTP94 (also z.B. prad.de ;) ) könnte man sogar eine Datenbank mit verschiedenen Korrektur-Matrizen aufbauen und anbieten. Die wären dann zwar nicht hundert Prozent exakt da das DTP94 einer gewissen Serienstreuung unterliegt (das i1pro ebenfalls), aber es wäre möglicherweise besser als eine generische Korrektur.


    Interessant sind auch noch die beiden Links:


    Wenn ich irgendwo einen großen Denkfehler mache wäre ich sehr Dankbar wenn man ihn mir mitteilt :). Es ist ja nur ein Versuch Herr der Lage zu werden.


    Viele Grüße
    Raphael

  • Quote

    Wenn man Zugang zu vielen Bildschirmen hat und zum i1pro und einem DTP94 (also z.B. prad.de ;) ) könnte man sogar eine Datenbank mit verschiedenen Korrektur-Matrizen aufbauen und anbieten.


    Für das DTP94 kannst du in Bezug auf WCG S-PVA und IPS Panels mit CCFL Backlight i.d.R. die integrierten Korrekturmatrizen nutzen, die Quato ermittelt hat.



    Die hier gemittelten Spektren entsprechender Bildschirme charakterisieren die meisten Monitore exakt genug und die DTP94 weisen untereinander nur geringe Abweichungen auf (durchschnittlich eben die auch in deinem Link erwähnten 1.2 dE). Das ist der große Vorteil des DTP94 gegenüber anderen Colorimetern. Aus diesem Grund selektiert HP gemäß meiner Informationen (die Ergebnisse stützen das) beim LP2480zx das eingesetzte EyeOne Display2 (was dann wieder zu brauchbaren Ergebnissen mit der ermittelten Korrekturmatrix führt). Beim LG W2420R "knallt" es dagegen heftig. Ich gehe davon aus, dass hier gar keine Korrekturmatrizen für die unterstützten Colorimeter zum Einsatz kommen, da die Meßergebnisse aus anderer Software heraus identisch waren. Zwar kann man die Korrektur auch in das Colorimeter verlegen (das ja XYZ-Normfarbwerte liefert), aber die Resultate waren mit dem Spyder3 in jedem Fall unbrauchbar.


    Quote

    Wenn man Zugang zu vielen Bildschirmen hat und zum i1pro und einem DTP94 (also z.B. prad.de ;) ) könnte man sogar eine Datenbank mit verschiedenen Korrektur-Matrizen aufbauen und anbieten.


    Das wäre zwar machbar, aber eben nur für das DTP94 wirklich sinnvoll (und ich fühle mich mit dem EyeOne Pro als Referenz für die ermittelten Matrizen auch nicht so ganz wohl - und ein CS2000 liegt außerhalb unserer Möglichkeiten). Allerdings sind die generischen Matrizen von Quato, wie gesagt, durchaus brauchbar, sofern man einen entsprechenden Bildschirm besitzt. Für White-/RGB-LED BLUs sind noch keine Korrekturen implementiert. Bei Letzteren kann man sich auch über den Einsatz des EyeOne Pro bereits streiten, da das Abtastintervall über der von der fogra empfohlenen Granularität liegt. Bislang hatten wir hier aber keine Probleme.


    Aber - überlegt hatte ich soetwas auch schonmal. Derzeit bin ich allerdings mit der Überarbeitung der farbmetrischen Tests absolut ausgelastet.


    Gruß


    Denis

  • Hi Denis,


    ich habe jetzt mal die Messdaten die es hier zu finden gibt genommen und die Korrektur Matrizen von Quato benutzt um zu sehen in wie weit sie nutzbar sind. Hätte ich schon früher machen sollen... ;)


    Beim 92% NTSC S-PVA with CCFL BLU passen sie:
    Ich liste mal nur die XYZ-Koordinaten:
    Reference Measurement 121 124 110
    DTP94 vor Korrektur 130 130 107
    DTP94 nach Korrektur 120.18035 125.98591 108.37335


    Beim 102% NTSC S-IPS with CCFL BLU sind sie schon etwas daneben:
    Reference Measurement 114 120 102
    DTP94 vor Korrektur 115 117 88
    DTP94 nach Korrektur 109.48096 118.46685 91.399537


    Die Differenzen finde ich schon recht groß. Aber ich habe nicht wirklich ein Gespür dafür was diese im Alltag ausmachen. Und was für ein S-IPS Bildschirm hinter den Referenzdaten steckt weiß ich auch nicht. Die Spyder3 hatte beim CRT gegenüber dem DTP94 aber ähnliche oder kleinere Abweichungen beim Weiß und das waren schon 500K Unterschied.


    Beim DELL U2711 habe ich folgende Werte nach der Korrektur des dtp94
    dtp94 mit Korrektur: 0.9664472 1.0148938 1.1302376
    beim i1pro sind es: 0.95 1 1.09


    Hier passt es wieder sehr viel besser! Wie ja schon im Review steht, ist die Korrektur-Matrix durchaus nutzbar.


    Ich glaube, auch wenn es unbedeutend ist, werde ich die Kalibrierung des dtp94 mit dem i1pro mal ausprobieren. Wobei, wie Du schon schreibst, den i1pro als Referenz zu nehmen auch nicht unbedingt die beste Wahl ist. Das hat ja auch schon Serienstreuungen (siehe hier) und ist nicht hundertprozentig Exakt (siehe hier).


    Ich bin gespannt wie die neuen Tests aussehen. Ich glaube ich hatte im hardforum mal kurz davon gelesen, oder es war angedeutet. Allgemein muss ich ein Lob Aussprechen. Die Reviews sind immer wieder sehr lehrreich und informativ! Auch wenn ich mich noch nicht für einen Bildschirm entscheiden konnte ;).


    Vielen Grüße
    Raphael

  • Quote

    Beim DELL U2711 habe ich folgende Werte nach der Korrektur des dtp94
    dtp94 mit Korrektur: 0.9664472 1.0148938 1.1302376
    beim i1pro sind es: 0.95 1 1.09


    Ich kann dir hier exaktere Werte geben (im Test wurde ja auf Y = 1 normalisiert und auf zwei Nachkommastellen gerundet):


    Weiß - EyeOne Pro (normalisiert): 95.12 100.00 108.64
    Weiß - DTP94 korrigiert (normalisiert): 95.37 100.00 111.69


    Kannst mit dem ersten Wert die Matrix ja nochmal durchlaufen, wobei iColor intern ja durchaus noch mehr Nachkommastellen zur Verfügung hat.


    Das entspricht (EyeOne Pro Wert als Weißreferenz) einem DeltaE von 1,9 (macht mehr Sinn als ein Gegenüberstellen der CCT) und liegt tatsächlich auf brauchbarem Niveau.


    Quote

    DTP94 nach Korrektur 109.48096 118.46685 91.399537


    Hier vergrößert sich der Fehler nach der Korrektur. Grundsätzlich kann die generische Korrektur natürlich nur ein gemitteltes Spektrum berücksichtigen, d.h. eine absolute Garantie für deutliche Verbesserungen gibt es nicht. Wir werden in den Tests ab jetzt zumindest die Ergebnisse der generischen Korrektur erwähnen, sofern der Tester auch ein DTP94 zur Verfügung hat.


    Quote


    Ich glaube, auch wenn es unbedeutend ist, werde ich die Kalibrierung des dtp94 mit dem i1pro mal ausprobieren. Wobei, wie Du schon schreibst, den i1pro als Referenz zu nehmen auch nicht unbedingt die beste Wahl ist.


    Im Rahmen unseres verbesserten Vorgehens habe ich ohnehin einen Farbrechner umgesetzt. Es wäre jetzt kein großer Mehraufwand, da noch die Korrekturmatrix für das DTP94 in Bezug auf EyeOne Pro und den jeweiligen Bildschirm auszugeben. Werde das mal testweise implementieren. Zugriff auf den U2410 habe ich auch in den nächsten Tagen.


    Gruß


    Denis

  • Klingt zunächst alles recht kompliziert, aber ist sicherlich etwas dran. Nachdem ich jedoch am eigenen Leibe erleben musste, wieviel Zeit man allein in das Problem mit dem LG W2420R und dem dazu unpassenden Spyder3 investieren kann, sei mal die Frage in den Raum gestellt, ob die derart investierte Zeit gerechtfertigt ist. Wem die Kalibrierung wirklich wichtig ist und wer vielleicht an diesen Geräten sogar seine Arbeitszeit verbringt, der sollte sich überlegen, ober er nicht lieber gleich den Mehrpreis von rund 600 EUR für ein i1pro gegenüber einem normalen i1 oder einem DTP94 investiert...


    Mit dem Spyder3 habe ich persönlich sowieso abgeschlossen, allein schon wegen der Streuung. Die "normalen" X-Rite Colorimeter mögen vielleicht auch bei dem einen oder anderen Display Schwierigkeiten haben (auch wenn das i1 Display 2 mit meinem RGB LED WCG Display durchaus gut zu harmonieren scheint), streuen dabei aber wohl nicht so stark, so dass Deine Matrizen dann vielleicht auch verlässlicher für andere nutzbar sind.

  • Quote

    Wem die Kalibrierung wirklich wichtig ist und wer vielleicht an diesen Geräten sogar seine Arbeitszeit verbringt, der sollte sich überlegen, ober er nicht lieber gleich den Mehrpreis von rund 600 EUR für ein i1pro gegenüber einem normalen i1 oder einem DTP94 investiert...


    Für Geräte wie den LG ist das in jedem Fall richtig, aber es gibt ja genügend deutlich günstigere Geräte mit WCG-CCFL oder White-LED BLU. Da ist dann die Sonde teurer als der Bildschirm selbst. Im ersten Fall wird die generische Korrektur in iColor oft ausreichen, aber Raphael hat schon recht, dass es zumindest nicht schadet, die monitorspezifische Korrekturmatrix mit dem EyeOne Pro als Referenz zu veröffentlichen.


    Gruß


    Denis

  • So, die Berechnung der Korrekturmatrix ist umgesetzt. Werde das heute noch ein wenig testen, aber ich denke, wir werden das jetzt einfach mal unverbindlich bei den Tests mit für das DTP94 angeben.


    Gruß


    Denis

  • Quote

    So, die Berechnung der Korrekturmatrix ist umgesetzt. Werde das heute noch ein wenig testen, aber ich denke, wir werden das jetzt einfach mal unverbindlich bei den Tests mit für das DTP94 angeben.


    Das hört sich vielversprechend an! Danke! Ich hoffe, dass die Korrekturmatrizen vielen helfen wird.
    Sind die Tests gut verlaufen? Funktionieren die Matrizen so wie erwünscht?


    Viele Grüße
    Raphael

  • Hallo Allerseits,


    Die neue Version (Version 1.3.0) vom Opensource Projekt argyllcms unterstüzt nun Korrekturmatrizen!


    Hier gibt es weitere Infos:


    Da ich noch nicht mit dem Tool herum gespielt habe (noch nicht mal die komplette Seite gelesen), kann ich nichts genaueres dazu sagen.


    Viele Grüße
    Raphael

  • Hallo Raphael,


    vielen Dank für Deinen tollen Beitrag (von damals :) :) :) )
    Hast mir heute wirklich geholfen.


    Interessanterweise wird im prad-Test für den NEC PA241W (Kauf-pdf) tatsächlich eine generische Korrekturmatrix
    für ein DTP94 zur Kalibrierung dieses wirklich "weiten" Gamuts angegeben (ich meine, man hat Dich erhört).


    Aufgrund Deiner Angaben habe ich mir ein entsprechendes Profil erstellt ... meine DeltaE's sind jetzt (ich prüfe gegen die Werkskalibration)
    in Traumbereichen angelangt ... :thumbup:


    Viele Grüße


    Roland T.


    P.S.: Manchmal reicht es eben nicht, "'ne Ahnung" zu haben ... manchmal muss man "wissen", was man tut.

  • Unsere Testberichte beinhalten nun alle eine Korrekturmatrix für das DTP94 wenn es sich um einen Monitor mit erweitertem Farbraum oder LED Hintergrundbeleuchtung handelt. Allerdings gibt es derzeit noch keine Software die die Einbindung von Korrekturmatrizen offiziell erlaubt.

  • Hallo!


    roland
    schön zu hören, dass es dir geholfen hat :)



    @ RotesMeerJogger


    Wie ich schon in meinem letzten Post geschrieben habe: argyllcms unterstützt ganz offiziell Korrekturmatrizen und liefert sogar ein Programm mit dem man diese ganz automatisch erstellen kann (man benötigt "nur" ein Spektralphotometer und ein Kolorimeter dafür). Da die Kalibrationsergebnisse mit dem Opensource Programm bei mir insgesamt besser erscheinen als mit iColor Display (insbesondere der Grauverlauf sieht sauberer aus), nutze ich auch nur noch argyllcms (in Verbindung mit dispcalGUI).


    Viele Grüße
    Raphael