„CrashAlert“ warnt Handy-User vor Straßenlaternen

In Zukunft könnte eine App all zu sehr in ihr Smartphone vertiefte User warnen, bevor sie gegen eine Straßenlaterne laufen. Denn Forscher an der University of Manitoba arbeiten mit „CrashAlert“ an einem System, das eben solche Warnungen für mobile Geräte ermöglicht. „Die Leute werden nicht aufhören, beim Gehen zu SMSen. Um Handys an unsere neuen alltäglichen Gewohnheiten anzupassen, müssen sie uns bei dem unterstützen, was sie uns nehmen, wie periphäres Sehen“, so der Informatik-Postdoc Juan-David Hincapié-Ramos gegenüber Technology Review.

SMSen: birgt unterwegs Kollisionsrisiken (Foto: Rödi, pixelio.de)

Der CrashAlert-Prototyp, den das Team Anfang Mai im Rahmen der CHI 2013 näher vorstellen wird, nutzt ein Sieben-Zoll-Tablet mit aufmontiertem Kinect-Sensor und hat sich in der Uni-Kantine bewährt. „Es ist relativ optimistisch, aber unrealistisch, dass das auch im Freien funktioniert“, meint Florian Seitner, CTO beim Spezialisten für Computersehen. Das liegt aber vornehmlich daran, dass Kinect relativ lichtempfindlich ist – prinzipiell erscheint die Idee dem Experten zufolge durchaus gangbar.

Die Idee hinter CrashAlert ist eigentlich einfach. Geeignete Abstands-Warnungen auf dem Bildschirm sollen verhindern, dass all zu sehr in SMSen oder mobiles Internet vertiefte Nutzer mobiler Geräte einfach in die nächste Straßenlampe, den Pfosten eines Verkehrszeichens oder andere Hindernisse laufen. Um das zu ermöglichen, erfasst eine geeignete Kamera – beim Prototypen eben ein doch eher sperriger Kinect-Sensor – den Abstand zu Objekten und Personen in der Umgebung. Die zugehörige Software blendet dann möglichst wenig störende, aber doch gut bemerkbare Hinweise auf dem Display ein.

Dass das funktioniert, haben die Forscher in einem Experiment gezeigt, bei dem User während des Ganges durch eine Uni-Kantine auf dem Tablet gespielt haben. Dabei mussten sie Kollisionen mit Hindernissen und anderen Personen vermeiden – darunter ein Freiwilliger, der mehrmals bewusst Kollisionen provoziert hat. Die Testpersonen haben den Forschern zufolge dank CrashAlert früher auf Hindernisse reagiert, konnten daher einfacher ausweichen und haben sich auch sicherer gefühlt. Die Leistung im Spiel hat darunter aber nicht gelitten – die Nutzer waren durch die Warnungen also auch nicht nennenswert von dem abgelenkt, was sie auf dem Test-Tablet machen.

Vorerst ist CrashAlert zwar nur ein Tablet-Prototyp, doch könnte so eine Kollisionswarnung durchaus breiter verfügbar werden. „Das wäre mit dem Smartphone durchaus möglich“, meint Seitner. Denn nötig ist nur eine Doppelkamera für die Tiefenwahrnehmung, wofür schon die 3D-Kameras mancher aktueller Smartphones ausreichen dürften. „Umso enger die Kameras zusammen liegen, desto ungenauer kann die Distanz von weiter entfernten Objekten bestimmt werden“, warnt der Fachmann zwar. Doch da es bei CrashAlert vor allem um die Warnung vor Objekten geht, die sich praktisch unmittelbar vor dem User befinden, ist das wohl kein technisches Hindernis.

„Der entscheidende Punkt ist eher die Rechenleistung“, sagt Seitner. Aktuelle Smartphones sollten davon aber eigentlich genug bieten. Die Frage wird also eher sein, ob Hincapié-Ramos und seine Kollegen ihren CrashAlert so weiterentwickeln können, dass wirklich eine App für ein breiteres Publikum entsteht. Außerdem ist offen, ob eine Kollisionswarnung, dank der User letztlich noch weniger auf ihre Umwelt achten brauchen, nicht mehr Probleme schaffen würde, als sie löst. Es sei „der Inbegriff der Entfernung sowohl von der physischen und sozialen Welt“, kritisiert jedenfalls Clifford Nass, Kommunikationswissenschaflter an der Stanford University. (pte)

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Andreas Roth

... ist Geschäftsführer der PRAD ProAdviser GmbH & Co. KG und darüber hinaus Chefredakteur von PRAD. Er stellte im März 2002 die Internetseite Prad.de mit dem Schwerpunkt Display Technologie online. Privat gilt er als absoluter Serienjunkie und Netflix Fan.

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