Test X-Rite i1Photo Pro 2: Druckerkalibrierung überzeugt
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Kameraprofilierung

Bisher haben wir primär auf die Ausgabeseite geschaut. Soll die Realität naturgetreu wiedergegeben werden, muss ein durchgängiges Farbmanagement bereits bei der Eingabe – also der Erfassung der Bildinformationen – beginnen.

Die teils hoch emotionalen Canon-vs.-Nikon-Diskussionen im Netz sind heute zwar weitgehend durch das Thema „DSLR vs. Mirrorless“ abgelöst worden. Der Autor dieser Zeilen kann sich aber noch gut an die Argumentation eines Bekannten zum Kauf seiner DSLR erinnern. Obwohl seine Freunde alle eine Canon hatten, entschied er sich für eine Nikon, weil ihm die Canon-Farben einfach nicht gefallen.

Tatsächlich ist das nur ein äußerst schwaches Argument. Wenn man das Potenzial dieser Kameras wirklich nutzen will, wird man sich früher oder später für einen RAW-Workflow entscheiden. Die Kamera-eigenen Farbprofile der Hersteller spielen dann eigentlich keine Rolle. Die vom Kamerahersteller intendierten Farben bekommt man bei der RAW-Konvertierung ohnehin nur mit den professionell kaum tauglichen Softwarelösungen der Hersteller.

Dritthersteller versuchen diese Profile zwar nachzuahmen, je nach Motiv stimmt das aber nur mehr oder weniger mit dem Hersteller-Original überein. Die Farb-Interpretationen unterschiedlicher RAW-Konverter wie Lightroom, CaptureOne etc. fallen auch bei derselben Kamera teils recht unterschiedlich aus. Was einem besser gefällt, ist Geschmackssache. Wirklich exakt realistisch oder „naturgetreu“ ist aber keine dieser Interpretationen. Und genau hier kommt die Kameraprofilierung ins Spiel.

Der Ablauf der Kameraprofilierung ist vom Grundprinzip her denkbar einfach. Man hält bei der ersten Aufnahme ein Target mit exakt definierten Sollfarben mit in das Bild. Der ColorChecker dient dabei als physische Referenz. Optimalerweise macht man vorher manuell einen korrekten Weißabgleich. Zwingend notwendig ist das aber nicht. Sehr wichtig ist dagegen die korrekte Belichtung bei der Aufnahme.

Kameraprofilierung mittels ColorChecker-Target bei der ersten Aufnahme
Kameraprofilierung mittels ColorChecker-Target bei der ersten Aufnahme

Das i1Photo-Pro-2-Bundle enthält dazu das ColorChecker-Classic-Target mit Farbfeldern, deren geräteunabhängigen Referenzwerte (in CIELAB D50) bekannt sind.

Schade ist allerdings, dass X-Rite dem durchaus kostspieligen Bundle stattdessen nicht „ColorChecker Passport“ beigelegt hat. Die Farbreferenzen sind hier größer und in einem stabilen Kunststoffgehäuse untergebracht. Die Lebenserwartung des „ColorChecker Classic“ in der Hektik vor Ort dürfte doch eher eingeschränkt sein.

Allerdings ist das Classic-Target besser für die Scanner-Profilierung geeignet, weil es sich leichter flach auflegen lässt.

ColorChecker: Links Classic, rechts Passport (nicht im Lieferumfang)
ColorChecker: Links Classic, rechts Passport (nicht im Lieferumfang)

Nach dem Fotoshooting wird anhand des ersten Bildes mit der ColorChecker-Referenz per Software ein Kameraprofil erstellt. Selbiges kann man dann in Anwendungen wie Lightroom bzw. Adobe Camera Raw auf einen Schlag auf alle Bilder anwenden und so wirklich realistische Farben erhalten.

Am komfortabelsten geht das mit dem Lightroom-Plugin. Die Profil-Erstellung wird über den Export angestoßen. Die Software findet das ColorChecker-Target dabei automatisch im Bild und erstellt in wenigen Sekunden das Profil, das dann beim nächsten Neustart von Lightroom bei der Auswahl der Kameraprofile zur Verfügung steht.

Ferner liefert X-Rite eine Standalone-Lösung und ein Programm zur Profilverwaltung mit. Für erstere („ColorChecker Camera Calibration“) müssen die Hersteller-RAW-Dateien zunächst in das universelle DNG-Format umgewandelt werden. Das gilt natürlich nur für die eine Datei, die die ColorChecker-Referenz enthält. Profile können mittlerweile aber mit der erst kürzlich erschienenen Version 2.0 nicht nur auf DNG-Basis, sondern auch als ICC-Profil erstellt werden. Die X-Rite-Lösung ist damit wesentlich breiter einsetzbar geworden.

Standalone-Lösung „ColorChecker Camera Calibration“
Standalone-Lösung „ColorChecker Camera Calibration“

Tipp am Rande: Mit der Version 2.0.0 hatten wir im Test Probleme. Die DNG-Datei wollte sich partout nicht öffnen lassen. Noch vor Fertigstellung des Artikels gab es aber ein Update auf Version 2.0.1. Hier funktionierte die Erkennung wieder wie gewohnt problemlos.

Als Lightroom-Nutzer braucht man die Standalone-Lösung allerdings eigentlich nur dann, wenn die automatische Erkennung des Targets nicht richtig funktioniert. Das kann vor allem dann passieren, wenn man es nicht parallel genug zur Kamera gehalten hat. In der Standalone-Lösung kann man dann die grünen Eckpunkte so ziehen, dass die Felder richtig erkannt werden. Das Lightroom-Plugin hat bei uns in der Praxis ansonsten immer sehr gut funktioniert und wurde auch durch die allfälligen Adobe-Update-Freuden nie korrumpiert.

Dass sich die Kamerakalibrierung gelohnt hat, sieht man im direkten Vergleich. Nach der Kamerakalibrierung ist der Unterschied in der Farbdarstellung im Vergleich zum Standardprofil mehr als deutlich. Die Abbildung unten links zeigt das Foto des ColorChecker-Targets mit dem Nikon-Standardprofil. Rechts wurde die Kamera profiliert und das korrekte Profil zugewiesen. Durch die Umwandlung bei der Ausgabe in den sRGB-Farbraum sieht man den Unterschied vor allem in den Rottönen. Auf einem Bildschirm mit erweitertem Farbraum ist der Unterschied auch in anderen Farben eklatant sichtbar.

ColorChecker-Target mit dem Herstellerprofil (Nikon-Camera-Standard)
ColorChecker-Target mit dem Herstellerprofil (Nikon-Camera-Standard)
ColorChecker-Target nach der Profilierung mit dem X-Rite-Profil
ColorChecker-Target nach der Profilierung mit dem X-Rite-Profil

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