Subjektive Beurteilung
Die beiden Aufnahmen unten zeigen links das Original-Testbild, das wir projiziert haben, und rechts ein Foto der Leinwand davon. Solche Vergleiche sind natürlich bei Geräten mit erweitertem Farbraum mit Vorsicht zu genießen. Bei der Ausgabe müssen wir die Bilder für die Web-Anzeige zwangsläufig in sRGB konvertieren. Außerdem können bei der Aufnahme einer Projektion Unterschiede im Dynamikumfang entstehen, die sich ebenfalls auf die Farben auswirken.
Auch wenn die Hauttöne der beiden Damen in der Projektion vielleicht etwas kräftiger (rötlicher) sind, macht ein Vergleich hauptsächlich der stärker gesättigten Farben einen sehr passgenauen Eindruck.
In den Bildeinstellungen bringt der LG HU710PW zahlreiche Presets mit, die aber ab Werk alle nicht uneingeschränkt begeistern können. Damit wäre der Proband eigentlich ein Kandidat für Feintuning bzw. Kalibrierung. Die notwendigen Einstellmöglichkeiten dazu sind auch alle vorhanden.
Zur Kalibrierung offeriert der LG HU710PW auf Wunsch sogar die Möglichkeit, den Weißabgleich wahlweise an 2, 10 oder sogar 22 Punkten anzupassen. Bei den Farben können die Primär- und Sekundärfarben jeweils separat justiert werden. Zum einen dürfte das den typischen Heimanwender aber überfordern, zum anderen agieren die Regler zur Anpassung des Weißpunktes nicht so präzise, wie wir das bei LG von anderen Geräten her kennen.
Insgesamt scheint uns das Potenzial des LG HU710PW für beliebige Anpassungen von Farbtemperatur und Farbraum etwas begrenzt zu sein. Es hat schon seinen Grund, dass LG im Standard-Modus eine extrem hohe Farbtemperatur verwendet. Hier scheint der Projektor seine Farbraumfähigkeiten am besten nutzen zu können. Das Tunen auf D65 ist aus unserer Sicht auch nicht unbedingt erforderlich, da sich unser Auge schnell an eine bestimmte Farbtemperatur anpasst.
Der Filmmaker-Modus soll eigentlich jeden Film so wiedergeben, wie vom Regisseur gedacht. Dabei ist er zwar näher an der D65-Norm, büßt aber ganz erheblich an Farbpracht ein und deckt den DCI-P3-Farbraum sicherlich nicht zu 94 % ab. Messtechnisch erreicht dieser Modus dank Iris-Blende zwar den höchsten Kontrast, subjektiv wirkt der Modus auf uns aber trotzdem eher flau.
Der Schwarzwert, der Kontrast und insgesamt die Detailzeichnung in dunklen Szenen sind so oder so nicht die Stärke des LG HU710PW – erst recht, wenn man die Darstellung mit einem OLED-TV des Herstellers vergleicht. Die Iris-Blende würden wir daher gar nicht oder eher vorsichtig einsetzen. Die Lichtleistung des Beamers reicht dann für eine 90-Zoll-Leinwand problemlos aus. Wenn man ihn nicht ausbremst, kann der Projektor auch mit seinen leuchtkräftigen Farben begeistern. LED-Projektoren leisten hier immer mehr, als die Lumen-Messungen am Weißbild verraten können.
Trotz der Kritik bei den Messungen hat uns daher von den Presets ab Werk tatsächlich der Standard-Modus am besten gefallen. Den haben wir dann auch überwiegend verwendet, um Serien und Filme auf Netflix und Co anzuschauen. In der Bequemlichkeit, mit der das möglich ist, steht der LG HU710PW einem Smart-TV in nichts nach. Darin liegt auch eine der größten Stärken des Gerätes.
Sehr gut gefallen hat uns damit auch die Vorführung von Bildern. Fotos, die am hardwarekalibrierten Monitor bearbeitet wurden, konnte der Projektor sehr akkurat wiedergeben, ohne dass uns bei den Farben irgendwelche Unstimmigkeiten aufgefallen wären. Bei der Wiedergabe von Serien wie Vikings oder The Last Kingdom wirkte die Wiedergabe dagegen vor allem bei Hauttönen teils sehr neutral.
Ernsthaft negative Auffälligkeiten gab es nur in sehr speziellen Szenen wir hier aus „Herr der Ringe“. Im Standard-Modus wird das Gras in manchen Szenen unübersehbar giftig und unnatürlich dargestellt. Im Filmmaker-Modus verschwindet zumindest das unnatürliche Hervorleuchten, und das Pflanzengrün wird an anderen Stellen durchaus passabel dargestellt.
Der LG HU710PW versteht sich auch in der HDR-Wiedergabe. Von HDR10 über HLG bis hin zu HGiG („HDR Gaming Interest Group“) wird alles geboten. Der interessanteste Aspekt ist dabei das dynamische Tonemapping.
Das Thema HDR scheint für das Marketing heute ein Must-have-Feature zu sein – auch wenn ein Gerät wie der LG HU710PW schon auf dem Papier zu einer echten HDR-Wiedergabe gar nicht in der Lage ist. Bei HDR geht es schließlich um einen hohen Dynamikumfang in ein und derselben Szene. Tricks wie adaptiver Kontrast und dynamische Iris-Blende helfen da herzlich wenig.
Aus unserer Sicht ist es ein zweischneidiges Schwert, wenn sich ein Produkt mit einem nativen Kontrastverhältnis von 800:1 als HDR-Wiedergabe-Gerät ausgibt. Sofern verfügbar, werden dann nämlich automatisch auch die HDR- anstelle der SDR-Varianten des Filmes abgerufen. Dank Tonemapping merkt man im günstigsten Fall keine große Verbesserung im Vergleich zur SDR-Variante desselben Filmes. Dazu muss aber auch die entsprechende Information im Quellmaterial vorhanden sein. Ist das nicht der Fall, können schnell relevante Details in der Dunkelheit versumpfen.
Zu guter Letzt sei hier noch der Regenbogen-Effekt erwähnt, der einen generellen Nachteil der DLP-Technik darstellt. Er entsteht, wenn Farben nicht gleichzeitig, sondern durch Projektion der Einzelfarben rasch nacheinander dargestellt werden. Der LG HU710PW verwendet dazu zwar kein Farbrad, die Farben müssen aber dennoch nacheinander projiziert werden, da es sich nach unserem Kenntnisstand um einen Single-DLP-Chip handelt.
Bei schnellen Augenbewegungen und kontrastreichen Kanten konnten wir den Regenbogen-Effekt auch beim LG HU710PW wahrnehmen, allerdings nicht so stark wie bei Geräten mit Farbrad. Bei der Filmwiedergabe haben wir es als kaum auffällig bzw. als nicht störend empfunden.
Sound
Der LG HU710PW hat sogar zwei Stereo-Lautsprecher mit je 5 Watt Ausgangsleistung an Bord. Der Klang ist zwar etwas dünn, reicht aber im Fall einer provisorischen Aufstellung für einen ganz passablen Sound. Der Projektor ist allerdings auf eine dauerhafte Installation ausgerichtet, und richtiges Kino-Feeling kommt erst mit einer zum großen Bild passenden Surround-Anlage auf.
Bewertung
Lieferumfang: | |
Anschlüsse und Konnektivität: | |
Optik, Mechanik und Verarbeitung: | |
Aufstellungsflexibilität: | |
Betriebsgeräusch: | |
Stromverbrauch und Folgekosten (Lampenwechsel): | |
Bedienung/OSD: | |
Bildqualität (gesamt): | |
Farbdarstellung: | |
Bildschärfe: | |
Helligkeit / Schwarzwert und Kontrast: | |
Helligkeitsverteilung/Farbhomogenität: | |
Skalierung und Interpolation: | |
Eignung für Präsentationen: | |
Eignung für Unterhaltung: | |
Eignung für Heimkino: | |
Preis-Leistungs-Verhältnis: | |
Preis (inkl. MwSt. in Euro): |
ab 1.328,98 € *
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Gesamtwertung: |
4 (GUT) |
Fazit
Der LG HU710PW ist solide verarbeitet und bei der Aufstellung dank optischem Lens-Shift und 1,6-fachem Zoom recht flexibel. Die Mechanik agiert allerdings teilweise etwas schwammig, und eine Motorisierung ist in dieser Preisklasse durchaus nicht unüblich.
Die LED-Technik kann auch bei Projektoren schon seit Längerem mit kräftigen Farben, Wartungsfreiheit und hoher Energieeffizienz begeistern. Bei der Lichtleistung musste man in den Anfangstagen aber dafür noch gehörige Abstriche machen. Das ist mittlerweile eigentlich passé. Beim HU710PW setzt LG ferner erstmals eine hybride Lichtquelle ein, die die LEDs mit einem Laser verstärkt.
Die Lichtleistung des LG HU710PW ist deshalb zwar nicht rekordverdächtig, reicht aber für das abendliche Heimkino völlig aus. Begeistern kann der Proband auf jeden Fall bei der Farbdarstellung. Alle Farben werden so leuchtkräftig auf die Leinwand gebracht, dass die Darstellung schon mit einem selbstleuchtenden Monitor samt erweitertem Farbraum vergleichbar ist.
Weniger überzeugen konnten uns im Test dagegen die statische Iris-Blende und der ebenfalls über die Laserleistung erzeugte adaptive Kontrast. Auch haben wir in den zahlreichen Presets des Gerätes keines gefunden, das bereits ab Werk restlos stimmig war. Für eine Kalibrierung sind zwar alle notwendigen Regler vorhanden, das Potenzial bzw. die Genauigkeit des Gerätes dazu scheinen uns dennoch eher begrenzt.
Das größte Manko des LG HU710PW sehen wir aber in seinem Schwarzwert und der mangelnden Detailzeichnung in dunklen Szenen. Da empfehlen sich schon ein paar lichtschluckende Maßnahmen im Bereich der Projektionsfläche, um Rückreflexionen zu vermeiden und zumindest das Beste aus dem Gerät herauszuholen.
Die größte Stärke des LG HU710PW sind dagegen sein Smart-Bereich und seine ausgezeichnete Konnektivität. Beides lässt im Vergleich zu einem Smart-TV keine Wünsche mehr offen. Egal ob man ohne viel Aufwand am Abend eine Netflix-Serie starten oder die Smartphone-Fotos vom Wochenendausflug auf der großen Leinwand genießen möchte: Der Beamer ermöglicht es unkompliziert und macht richtig Spaß.
Der LG HU710PW empfiehlt sich daher weniger für Heimkino-Enthusiasten, die höchste Ansprüche an die Bildqualität haben, sondern mehr für Gelegenheitsnutzer, die vor allem Wert auf Bequemlichkeit und Funktionsintegration legen.
Plus
- Smart-Bereich, der keine Wünsche offenlässt: Apps, Streaming, AirPlay 2 und HomeKit
- Ausgezeichnete Konnektivität
- Leuchtkräftige Farben und potenziell großer Farbraum
- Hohe Flexibilität bei der Aufstellung dank Lens-Shift und 1,6-fachem Zoom
- Gute Bedienbarkeit und Top-Fernbedienung
- Leise, energieeffizient und wartungsfrei
Minus
- Mäßiger Schwarzwert und mangelnde Detailzeichnung in dunklen Szenen
- Deutliche Schwächen bei der Bildhomogenität und Schärfeverteilung
- Presets können ab Werk durchweg nicht uneingeschränkt überzeugen
- Externes Netzteil
- Kein 12-V-Trigger
Hinweis in eigener Sache: PRAD erhielt den HU710PW leihweise von LG zu Testzwecken. Herstellerseitig gab es weder eine Einflussnahme auf den Testbericht, noch eine Verpflichtung zur Veröffentlichung oder eine Verschwiegenheitsvereinbarung.
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