Verwendung von HDR-Formaten in neuen HDR-TV-Geräten und HDR-Monitoren
Nachdem wir nun die Hintergründe des eigentlichen HDR-Formats erklärt haben, wenden wir uns den Shootingstars der TV-Geräte-Szene zu: den HDR-TVs. Fernsehgeräte mit HDR-Funktion versprechen ein deutlich besseres Kontrastverhältnis, feinere Farb- und Grauabstufungen und insgesamt ein intensiveres, realitätsnäheres Bild.
Der Begriff HDR ist in Bezug auf HDR-TV allerdings ebenso irreführend wie das „HDR-Bild“ an sich. Richtiger wäre die Bezeichnung „Higher Dynamic Range“ oder MDR, wie die bereits genannten Zwischenformate von bis zu 14 Bit. Vielleicht ist der Begriff HDR mittlerweile so geläufig und mit einer gewissen Vorstellung verbunden, so dass diese Namensgebung auch aus vermarktungstechnischer Sicht sinnvoll erschien.
Im Bereich HDR-Video gibt es eine eigene Unterscheidung zwischen dem geringeren Dynamikumfang SDR (Standard Dynamic Range) und dem neuen, höheren Dynamikumfang HDR (High Dynamic Range). Für die Wiedergabe von HDR-Inhalten wird eine stark veränderte, absolut bis 10.000 cd/m² (Dolby Vision) definierte Tonwertkurve verwendet. Sie stützt sich auf das Barten-Modell, auf dessen Basis eine empfindungsgemäß gleichabständige Abstufung zwischen benachbarten Tonwerten erreicht werden kann. Im Vergleich zu einer im SDR-Bereich weit verbreiteten, relativen Gamma 2.2 Tonwertkurve ist die Tonwertdichte in den Tiefen stark erhöht.
Um Tonwertabrisse zu vermeiden, steigt der Tonwertumfang auf 10 Bit bzw. 12 Bit (Dolby Vision) pro Farbkanal. Ein 8-Bit-Signal stellt pro Kanal (R, G, B) jeweils 28= 256 Helligkeitsstufen zur Verfügung. Dies ergibt rechnerisch eine maximale Farbwiedergabe von 16,8 Millionen Farben (256 x 256 x 256). Ein 10-Bit-Signal erreicht 210 = 1024 Abstufungen pro Farbkanal. Dies bedeutet eine maximale Farbwiedergabe von 1,074 Milliarden Farben oder das 64-fache von 8 Bit. Dolby Vision steigert den Tonwertumfang auf 69 Milliarden Farbabstufungen!
In der Diskussion um Sichtbarkeitsschwellen wird allerdings gerne übersehen, dass die dem Barten-Modell zugrundeliegenden Versuche eine variable Helligkeitsadaption widerspiegeln, während bei der Betrachtung realer Inhalte eben diese Schwellen durch eine höhere Gesamthelligkeit deutlich ansteigen. Insbesondere für SDR-Material (mit eher ausgeglichenem Histogramm) gibt es daher deutlich geeigneter Tonwertkurven, die einen zur Verfügung stehenden Tonwertumfang besser nutzen (z.B. L*) und in den absoluten Tiefen sogar linear verlaufen.
Wie bei allen Neuerungen gibt es verschiedene Varianten der jeweiligen Hersteller für die technische Umsetzung (inklusive eigener Bezeichnungen) sowie mögliche Datenformate, um diese Inhalte sinnvoll zu transportieren. Hier wird die Zukunft zeigen, welche Standards sich durchsetzen. Erste Standards wurden mit HDR10 (10 Bit) sowie Dolby Vision (12 Bit) gesetzt, der ITU-Empfehlung BT.2020 für den erweiterten Farbraum und neuen Codec-Entwicklungen wie H.265/HEVC (High Efficiency Video Coding), um die gestiegenen Anforderungen an die Datenmengen zu bewältigen. Diese Vorgaben, insbesondere die Bit-Tiefe, wurden zwar auch teilweise schon in den Videoformaten UHD-1 und UHD-2 (4K, 8K) fixiert, ob diese von den Herstellern allerdings erfüllt werden, sollte man vor einem Kauf unbedingt prüfen. Aktuell ist UHD Premium der einzige herstellerübergreifende Standard, der die „echte“ Unterstützung der HDR-Wiedergabe garantieren soll.
Bilder und Videos werden schon seit geraumer Zeit in proprietären Formaten höherer Bit-Tiefe aufgenommen und weiterbearbeitet. Es sollte also kein Mangel an Ausgangsmaterial bestehen. Neben Blu-ray-Discs, die das HDR-Format unterstützen, gibt es bereits einige Streaming-Anbieter wie Netflix, die HDR10 oder Dolby Vision anbieten. Somit können wir davon ausgehen, dass uns in der kommenden Zeit einiges an Bildmaterial mit höherer Bit-Tiefe erwartet.
Zu unterscheiden sind hier die Anwendungsbereiche Gaming und Bildbearbeitung mit ihren unterschiedlichen Ansprüchen. Der PC-Spieler erwartet neben einem ansprechenden Bild bei Spielen mit schnellen Bildwechseln eine hohe Bildwiederholfrequenz, um störend verzögerten Bildaufbau zu vermeiden. In der Bildbearbeitung sind die verlässliche Farbwiedergabe, gute Helligkeitswerte und die Kalibrierbarkeit des Monitors wichtiger.
Um HDR-Inhalte allerdings überhaupt darstellen zu können, muss eine ganze Kette von Komponenten zusammenarbeiten. Vorneweg muss das Betriebssystem HDR unterstützen. Das ist bei aktuellen Windows- und Mac-OS-Versionen der Fall. Danach muss die verwendete Software 10-Bit-Signale ausgeben können. Dann braucht es eine kompatible Grafikkarte mit entsprechenden Treibern. Alle aktuelleren Nvidia-Quadro- sowie viele GeForce-Modelle ab der 900er-Serie unterstützen diese Technik. AMD unterstützt schon seit einiger Zeit die HDR-Ausgabe, bei aktuelleren Karten mit Polaris-GPU, aber auch bei einigen älteren Modellen. Zu dem Endgerät werden die Signale in der Regel über DisplayPort transportiert, HDMI 2.0 ist bei den Grafikkarten derzeit noch weniger verbreitet.
HDR-Inhalte können natürlich mit unterschiedlichem Erfolg auf HDR-fähigen Fernsehgeräten wiedergegeben werden. Und hier zeigt sich, dass die HDR-Unterstützung der kompletten Pipeline wirklich sinnvoll erscheint. Bilder werden im direkten Vergleich kontrastreicher und detaillierter wiedergegeben (gerendert). Allerdings muss man hier auch ganz klar sagen, dass es viele, sehr viele Beteiligte auf dem Weg von der Software zum sichtbaren Bild gibt und man daher nur sehr begrenzt absolute Aussagen treffen kann.
Fazit
Nicht nur das Gerät am Ende der Kette oder die Signale dazwischen machen ein gutes Bild, sondern vielmehr, wie das Material im Vorfeld aufbereitet wird. Kein Filmemacher würde ein unbearbeitetes Bild in einem höheren Dynamikformat freigeben, nur weil das Ergebnis auf einem 10-Bit-Gerät ein besseres Bild als auf einem 8-Bit-Gerät wäre. Color-Grading und Helligkeitsanpassungen gehören zu den üblichen Schritten in der Bildbearbeitung und erzeugen ein „HDR-artigeres“ Bild auch in 8 Bit.
Und am Ende zählt ja auch noch der Inhalt des gezeigten Bildes – zumindest ein bisschen.
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