Test BenQ SW272U: Bildbear­beitung mit hohem Farbumfang
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HDR

BenQ hat den SW272U nicht gemäß VESA DisplayHDR spezifizieren lassen. Eine Wiedergabe von HDR-Material ist dennoch möglich.

Die VESA-Spezifikationen sehen das HDR10-Format als Übertragungsstandard vor. Das zu verarbeitende Signal weist im Kern folgende Eigenschaften auf:

  • 10 Bit pro Kanal
  • Absolute Tonwertkurve gemäß SMPTE ST 2084
  • Farbumfang gemäß ITU-R BT. 2020
  • Verarbeitung von statischen Metadaten, definiert in SMPTE ST2086.

Die absolute Tonwertkurve lehnt sich dabei an ein Grundkonzept an, das man schon lange aus dem medizinischen Bereich (DICOM) kennt. Zielsetzung ist die maximale Kodierungseffizienz auch unter ungünstigen Bedingungen (ein stets Helligkeits-adaptiertes Auge zur Beurteilung einer minimalen Differenz). Dabei ist für die Maximalhelligkeit reichlich Spielraum nach oben vorhanden. Gleiches gilt für den Farbumfang, der sich nur mit monochromatischen Primärfarben erreichen ließe. Die VESA berücksichtigt dies und definiert als Referenzfarbraum DCI-P3 RGB.

Die Anzeigetechnik steht ein gutes Stück hinter diesem Übertragungsstandard zurück. Durch Metadaten, die sich auf das konkrete Mastering beziehen, wird das Material allerdings rudimentär charakterisiert. Der Scaler des Monitors kann dann eine Anpassung durchführen. Wir konzentrieren uns nachfolgend vornehmlich auf die HDR10-Wiedergabe.

Das OSD offeriert einen HDR-Modus, der aber nicht direkt ausgewählt werden kann. Er aktiviert sich automatisch, sofern ein Signal mit entsprechenden Metadaten vorliegt. Wir haben diese für die nachfolgenden Tests in das Signal eingeschliffen und dabei Peak-Helligkeiten von 1000 cd/m², 4000 cd/m² und 10 000 cd/m² definiert.

Diagramm: Farbmodus HDR – Max: 1000 cd/m²
Farbmodus HDR – Max: 1000 cd/m²
Diagramm: Farbmodus HDR – Max: 4000 cd/m²
Farbmodus HDR – Max: 4000 cd/m²
Diagramm: Farbmodus HDR – Max: 10 000 cd/m²
Farbmodus HDR – Max: 10 000 cd/m²

In den Grafiken ist die Sollcharakteristik als hellgraue Kurve hinterlegt. Sie basiert auf der gemessenen Maximalhelligkeit und folgt von dort der PQ-Transferfunktion (gemäß SMPTE ST 2084). Damit ergibt sich für alle realen Monitore ein mehr oder weniger großer Clipping-Bereich, da die maximalen 10 000 cd/m² nicht erreicht werden.

Der Scaler des BenQ SW272U reagiert auf die ausgewiesenen Maximalhelligkeiten und stellt eine Differenzierung bis zu diesem Punkt sicher. Durch die Kompression in den Lichtern ergibt sich zwangsläufig eine immer größer werdende Abweichung zur Soll-Transferfunktion mit Clipping.

Leider verringert sich mit zunehmender Maximalhelligkeit die tatsächliche maximale Leuchtdichte unseres Testgerätes – von gut 400 cd/m² auf nur noch gut 300 cd/m². Die Ursache bleibt bis zum Testende ungeklärt.

Optimal wäre ein manuell zuschaltbarer HDR-Modus, der als Option unabhängig von Metadaten arbeitet. Damit würde eine präzise Reproduktion bis zur maximalen Helligkeit des Displays möglich. Gleichwohl wird der BenQ SW272U seinen Einsatz wohl kaum im Bereich von Farbkorrekturen und -retuschen von HDR-Material finden.

Reaktionsverhalten

Den BenQ SW272U haben wir in der nativen Auflösung bei 60 Hz am DisplayPort untersucht. Der Monitor wurde für die Messung auf die Werkseinstellung zurückgesetzt.

Bildaufbauzeit und Beschleunigungsverhalten

Die Bildaufbauzeit ermitteln wir für den Schwarz-Weiß-Wechsel und den besten Grau-zu-Grau-Wechsel. Zusätzlich nennen wir den Durchschnittswert für unsere 15 Messpunkte.

Im Datenblatt wird die Reaktionszeit mit 5 ms (GtG) angegeben. Der BenQ SW272U implementiert eine Overdrive-Funktion (AMA), die ein- und ausgeschaltet werden kann.

Das Schaltzeitendiagramm zeigt unter anderem, wie sich verschiedene Helligkeitssprünge addieren, wie schnell der Monitor in der Werkseinstellung im besten Fall reagiert und von welcher mittleren Reaktionszeit ausgegangen werden kann.

Der Messwert Color to Color (CtC) geht über die herkömmlichen Messungen von einfarbigen Helligkeitssprüngen hinaus, schließlich sieht man am Bildschirm in aller Regel ein farbiges Bild. Bei dieser Messung wird deshalb die längste Zeitspanne gemessen, die der Monitor benötigt, um von einer Mischfarbe auf die andere zu wechseln und seine Helligkeit zu stabilisieren.

Verwendet werden die Mischfarben Cyan, Magenta und Gelb – jeweils mit 50 % Signalhelligkeit. Beim CtC-Farbwechsel schalten also nicht alle drei Subpixel eines Bildpunktes gleich, sondern es werden unterschiedliche Anstiegs- und Ausschwingzeiten miteinander kombiniert.

AMA: Off

Wir ermitteln den Schwarz-Weiß-Wechsel mit 12,4 ms und den schnellsten Grauwechsel mit 4,8 ms. Der Durchschnittswert für alle unsere 15 Messpunkte beträgt rund 13,2 ms. Der CtC-Wert ist mit 15,2 ms ebenfalls eher hoch, liegt aber angesichts der deaktivierten Pixelbeschleunigung noch im Rahmen. Der Helligkeitsverlauf (GtG 80–50 %) ist völlig neutral.

Diagramm AMA "Off": Sehr gemächliche Schaltzeiten
AMA „Off“: Sehr gemächliche Schaltzeiten
Diagramm AMA "Off": Völlig neutrale Abstimmung
AMA „Off“: Völlig neutrale Abstimmung

AMA: On

Mit Aktivierung der Pixelbeschleunigung verbessern sich die Reaktionszeiten deutlich. Der Schwarz-Weiß-Wechsel verkürzt sich auf 9,2 ms. Die Grauwechsel sinken auf im Durchschnitt 5,7 ms und liegen damit nicht weit von der Werksangabe entfernt. Der CtC-Wert erreicht 8,8 ms. Die messtechnisch nun nachweisbaren leichten Überschwinger machen sich im Bild nur wenig bemerkbar.

Diagramm AMA "On": Kaum verbesserte Schaltzeiten
AMA „On“: Kaum verbesserte Schaltzeiten
Diagramm AMA "High": Weiterhin völlig neutrale Abstimmung
AMA „High“: Weiterhin völlig neutrale Abstimmung
Denis Freund

... ist seit 2008 dabei und hat Medieninformatik sowie Druck-/ Medientechnik studiert. Es ist für die Bereiche Farbmesstechnik, -metrik und -management zuständig und entwickelte die PRAD-Test-Software. Nach wie vor verfasst er Testberichte über Grafik-Monitore.

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