Einleitung
Wenn ein Studiomonitor für knapp 30.000 Euro getestet wird, geht es zwangsläufig um andere Qualitäten als Reaktionszeiten oder Input-Lag. Weder die Gaming- noch die Office-Tauglichkeit sind hier gefragt. Wir haben uns deshalb die spezifischen Fähigkeiten des EIZO CG3146 angesehen und auch den Vergleich mit dem ähnlichen Mitbewerber Sony BVM-HX310 für knapp 40.000 Euro nicht gescheut.
Fangen wir doch einmal so an: Warum darf ein Monitor mit nur 31 Zoll großer Diagonale mehrere zigtausend Euro kosten? Die kurze Antwort: Weil er als Referenz für andere Monitore, Fernseher und Projektoren gelten soll und bei der Produktion innovativster Bildinhalte verwendet wird. Als Referenzmonitor für HDR-Colorgrading muss er besser sein als sagen wir einfach mal mehr als 99 % aller Geräte am Markt.
Wenn ein Colorist für einen Multi-Millionen-Spielfilm Farbentscheidungen trifft, müssen selbige treffsicher und nachvollziehbar sein. Kompromisse sind vielleicht hinterher bei der Wiedergabe tolerierbar, nicht aber bei der Produktion. Stellen Sie sich vor, am Filmset wird ein extra beschaffter, mehrere Quadratmeter großer Farbfilter vor die Beleuchtung gesetzt, oder es werden mehrere tausend Euro ausgegeben, um in einer Szene eine geringe Lichtänderung zu bewirken, und dann ändert ein Colorist die Farbe versehentlich in die falsche Richtung, nur weil sein Monitor in Schattenbereichen einen Blaustich hat. Geht gar nicht, oder?
Anforderungen
Aber Präzision ist nicht die einzige Qualifikation, die von so einem Monitor gefordert wird. Verschiedenste Standards bei der Videoproduktion wollen berücksichtigt werden. Allen voran das forderndste Format, das der Markt derzeit zu bieten hat: HDR. Der größte Farbraum im Produktionsgeschehen derzeit ist BT.2020, dessen Primärfarben aus einzelnen noch sichtbaren Wellenlängen für Rot, Grün und Blau bestehen. Das bedeutet nicht, dass BT.2020-kompatible Displays einen entsprechend großen Farbraum abdecken müssen, sondern nur, dass die Eingangssignale entsprechend dieser maximalen Möglichkeiten decodiert und innerhalb der Möglichkeiten des Displays dargestellt werden müssen. Es geht also um ein möglichst gutes Farbmanagement – sicherlich ein Spezialgebiet von EIZO.
Die Primärfarben eines Studiomonitors dieser Liga sollten allerdings mindestens den Minimalanforderungen von DCI-P3 genügen, denn die allermeisten Filme werden in diesem Farbraum für das Kino abgestimmt. DCI-P3 ist im Vergleich zu sRGB beziehungsweise BT.709 bereits deutlich erweitert und erlaubt dadurch wesentlich sattere Farben, die beispielsweise zur Darstellung von Leuchtreklame oder bei Signalfarben im Film benötigt werden.
Die noch mal deutlich größere Herausforderung ist es allerdings, den Vorteil im Dynamikumfang von HDR auszuspielen. Entscheidend dabei ist die sogenannte PQ-Transferfunktion. PQ steht für „Perceptual Quantizer“ und wurde im Standard SMPTE ST.2084 definiert, lässt sich aber heute auch im kostenlos verfügbaren ITU-Standard BT.2100 nachlesen. PQ ist eine elektro-optische Transferfunktion (EOTF), definiert also, wie digitale Werte in Licht umgesetzt werden. Von einem Referenzmonitor darf man folglich erwarten, dieser Funktion zu folgen und die erwarteten Lichtmengen abhängig vom Eingangssignal darzustellen.
Das Problem dabei ist nur: Die in der PQ-Funktion definierten Lichtmengen reichen von 0 bis zu 10 000 cd/m² (nits). Das schafft noch kein verfügbarer Monitor. Der gängige Produktionsstandard entspricht maximal 1000 cd/m² Spitzenhelligkeit. Nun mag manch einer sagen: „Oh, das schafft mein gerade frisch und für viel Geld gekaufter HDR-Fernseher doch auch!“ Mag stimmen, aber unter welchen Bedingungen? Fernseher haben in der Regel zeitliche oder APL-Einschränkungen. Will heißen: 1000 cd/m² sowohl bei einzelnen Pixeln wie auch bei vollflächigem Weiß zu erreichen und das über einen kurzen Zeitraum im Sekundenbruchteil abzurufen oder über mehrere Minuten zu halten, ist momentan noch undenkbar.
In der Regel ist es bei entsprechend leistungsfähigen LCD-Fernsehern so, dass eine Hintergrundbeleuchtung per Local Dimming zonen- und zeitabhängig gesteuert wird. Die Auflösung des Local Dimming ist dabei von der Zahl der Zonen bestimmt. Bei Edge-LED sind es nur wenige Streifen, die aufgehellt oder abgedunkelt werden, während es bei „Full-Array Local Dimming“ (FALD) mehrere hundert Bildstellen sein können, was im Vergleich zu den über 8 Millionen Pixeln des 4K-Bildes immer noch sehr wenig ist. Die Zahl und Position dieser Zonen sind fix, und wenn sich Bildinhalte ungünstig dazu verhalten – beispielsweise Laufschriften oder kleine helle Sterne am falschen Ort –, werden mitunter Artefakte wie Helligkeitsunterschiede zwischen eigentlich gleichen Bilddetails sichtbar. Aus Gründen der Beschränkung von Strombedarf und Wärmeentwicklung können selbst die besten Fernseher – egal ob LCD oder OLED – die maximale Leuchtdichte nicht lange halten; nach ein paar Sekunden fällt die Helligkeit in der Regel schon ab.
Bei OLED leuchten die einzelnen Pixel zwar selbst und kennen das Problem des Local Dimming nicht, dafür ist bei ihnen aber die Spitzenhelligkeit auf deutlich unter 1000 cd/m² beschränkt und zur Vermeidung von Einbrenneffekten nur kurz verfügbar. Vollflächiges Weiß erreicht zudem selbst bei den Spitzenmodellen aktuell nicht über 250 cd/m². Das bedeutet, dass aufgrund der Beschränkungen zur durchschnittlichen Bildhelligkeit (APL, „Average Picture Level“) eigentlich helle Bilder dunkler dargestellt werden als hellste Bilddetails.
All diese Einschränkungen und noch weitere sind für einen Studiomonitor im Produktionsumfeld absolut unerwünscht.
Die Bildschirmtechnik
Beim EIZO CG3146 kommt deshalb eine sehr spezielle und aufwendige Bildschirmtechnik zum Einsatz: zweischichtiges LCD, in Fachkreisen auch „Dual Layer“, „Dual Modulation“ oder „Dual-Cell-LCD“ genannt.
Eine zweite LCD-Schicht in voller Pixelauflösung sorgt dabei für Local Dimming auf Pixelebene. Jede der beiden LCD-Schichten verfügt über einen Kontrast von etwa 1000:1, was sich im Ergebnis multipliziert und ein natives Kontrastverhältnis von 1 000 000:1 ermöglicht. Das LED-Hintergrundlicht kann dabei selbst bei annähernd schwarzen Bildern vollflächig in voller Leuchtkraft strahlen und für einen homogenen Hintergrund sorgen.
Das Panel selbst kommt von Panasonic, wobei der japanische Hersteller selbst noch keinen entsprechenden Mastering-Monitor im Angebot hat, obwohl ein Prototyp unter dem Codenamen „MegaCon“ bereits 2019 vorgeführt wurde. Das gleiche Panel des EIZO wird auch im Sony BVM-HX310 verwendet, der im letzten Jahr den OLED-basierten BVM-HX300 abgelöst hat. Im Studiobereich hat man diesen Nachfolger sehr gern und schnell angenommen, da bei einer solch hohen Investition für einen Monitor, der über den Dingen stehen soll, keine Abstriche wie eingeschränkte Helligkeit, Farbveränderungen aufgrund der Pixelabnutzung oder gar Einbrenneffekte in Kauf genommen werden wollen.
Dass man sich diese Vorteile mit dem Problem der geringfügig schlechteren Blickwinkelabhängigkeit erkauft, ist leicht zu verkraften – schließlich sitzt der Colorist oder die Regie am Set ohnehin direkt vor dem Monitor und schaut ihn sich nicht von der Seite an. Davon abgesehen schlägt das zweischichtige LCD-Panel sowieso jeden anderen LCD-Monitor in der Blickwinkelabhängigkeit und erreicht wesentlich bessere Werte als zum Beispiel der von Dolby nicht mehr produzierte Pulsar-Bildschirm, der weltweit nur in homöopathischer Stückzahl verfügbar war und als einziger die 4000-nits-Marke bei der Spitzenhelligkeit erzielte.
Dass aufgrund der hellen Hintergrundbeleuchtung insbesondere nach einigen Betriebsstunden auch viel Wärme hinter dem Panel entsteht, ist der Grund dafür, dass der EIZO mit zirka 16 cm wesentlich tiefer ist als andere Monitore dieser Diagonale, und auch, dass er eine Lüftung benötigt. Zusätzlich steckt er in einem Metallgehäuse, das einerseits die Wärme besser abführt und andererseits für den Einsatz am Filmset oder im Postproduktionshaus besser geeignet ist. Das Gewicht von 26,5 kg will auch sicher bewegt werden, ohne dass man an die Vorderseite des Monitors fassen und das Panel gefährden muss. Auf der Rückseite befinden sich deshalb mehrere stabile Griffe für ein sicheres Handling.
Im Vergleich zum Sony wiegt der EIZO weniger, und seine Lüfter sind auch wesentlich leiser, was für viele Einsatzgebiete in Produktion und Postproduktion von Vorteil ist. Satte 10 dB Unterschied in der durch die Lüfter verursachten Geräuschkulisse (zirka 43 dBSPL im Vergleich zu zirka 53 dBSPL in einem Meter Abstand beim Sony) sind für manch einen Arbeitsplatz ein nicht unerheblicher Unterschied – besonders wenn man viele Stunden konzentriert vor dem Schirm sitzen muss und die Umgebung ansonsten ruhig ist.
wow, ein toller test zu einem bestimmt besonderen display!
wirklich sehr interessant, auch für mich hobby-grafikerin – danke für diesen klasse einblick in ein unbekanntes terrain.