Test LG HU85LS – Ultrakurzdistanz-Beamer mit 3-Channel-Laser

UST-Projektor kann bereits aus einem Abstand von 5,6 cm eine Diagonale von 90 Zoll darstellen

Einleitung

Die erhältlichen Bilddiagonalen bei Fernsehern sind in den letzten Jahren enorm gewachsen. Während man in der derzeit gängigen 55-/65-Zoll-Klasse problemlos einen OLED-4K-TV für unter 2.000 EUR bekommen kann, wird es darüber hinaus schnell sehr teuer. Der LG OLED C9PLA beispielsweise kostet in 77 Zoll ca. 4.900 EUR. Will man mit 88 Zoll das Maximum, werden für den LG Z9 mit 8K schon 29.999 EUR (UVP) fällig.

Komprimierte Informationen und Testberichte zu den LG Produkten finden Sie bei PRAD in der LG Business Area.

Richtiges Kino-Feeling fängt aber erst bei einer 90-Zoll-Diagonalen an. Bei Fernsehern gibt es hier schon rein aus praktischen Überlegungen heraus (Transport durch das Treppenhaus bzw. den Türstock des Wohnzimmers) eine natürliche Grenze. Die effizienteste Möglichkeit zu großen Bilddiagonalen sind daher schon seit Langem Heimkino-Projektoren. Viele scheuen aber den Installationsaufwand, wollen ihr Wohnzimmer nicht „verschandeln“ und außerdem auch bei Tageslicht Filme anschauen.

Dem trägt ein neuer Trend zu Ultrakurzdistanz-Projektoren Rechnung. Da UST-Beamer („Ultra Short Distance“) bereits aus wenigen Zentimetern Abstand gigantische Bilddiagonalen erzeugen können, kann die gesamte Verkabelung vorn erfolgen und ist vergleichsweise einfach zu kaschieren. Auch die Aufstellung soll extrem einfach sein.

Mit dem LG HU85LS haben wir diesmal einen ausgewachsenen Vertreter dieser Gattung im Test. Es handelt sich um das absolute Flaggschiff in LGs Beamer-Portfolio. Das Modell ist mit den eher auf Mobilität getrimmten LED-Projektoren, die wir bislang von dem Hersteller getestet haben, nicht zu vergleichen. Das gilt allerdings auch für den Preis. Zum Zeitpunkt der Testerstellung war das Produkt im Online-Handel für 5.999 EUR inkl. Versandkosten erhältlich.

Angesichts des Preises mag vielleicht der eine oder andere jetzt schon abwinken. Dieser Gerätetest ist aber ungeplant in einigen Bereichen – insbesondere bei der Aufstellung – zu einer Art Know-how-Special geworden. Auch zum Thema „Pixel-Shift vs. native 4K-Auflösung“ gibt es ein paar interessante Vergleiche.

Detaillierte Informationen zu den Ausstattungsmerkmalen und den Spezifikationen finden Sie im LG HU85LS Datenblatt.

Technik und besondere Features

Was bei Beamern noch alles unter den Begriff Ultrakurzdistanz-Projektion gepackt wird, ist durchaus sehr unterschiedlich. Der LG HU85LS wird dieser Definition im engeren Sinne aber voll und ganz gerecht. Er kann bereits aus einem Abstand von 5,6 cm eine Diagonale von 90 Zoll erzeugen. Bei 18 cm wächst das Bild bereits auf 120 Zoll.

Beim LG HU85LS scheint es sich laut Website um einen „echten“ 4K-Projektor zu handeln. Eine native 4K-Auflösung schien lange Zeit nur bei Sony in einer sehr gehobenen Preisklasse ab 5.000 EUR aufwärts erhältlich zu sein. Mittlerweile haben praktisch alle Hersteller 4K-Projektoren im Programm, und die sind bereits für unter 1.600 EUR erhältlich.

Tatsächlich setzen diese Geräte aber alle auf eine unterschiedlich offen deklarierte Pixel-Shift-Technologie. Die native Auflösung liegt dabei wie gehabt nur bei Full HD (oder etwas höher zum Beispiel 2716 x 1528 Pixel). Um in der Projektion die 4K-Auflösung mit 3840 x 2160 Pixeln zu erzeugen, werden durch Pixel-Shift die nativen Pixel blitzschnell hin und her verschoben. Das soll ausreichend schnell erfolgen, sodass wir aufgrund der Trägheit des menschlichen Auges nicht merken, dass nie alle Pixel gleichzeitig angezeigt werden. Dazu später im Test mehr.

Der LG HU85LS nutzt dabei die XPR-Technologie von Texas Instruments. Es handelt sich also nicht um eine echte 4K-Auflösung, sondern auch um eine Pixel-Shift-Variante, wie sie bereits in 1.600 EUR-Projektoren zu finden ist. Auf der LG-Website ist dies nur schwer auszumachen. Welche Auflösung der Beamer tatsächlich nativ verwendet, ist dem Datenblatt leider nicht zu entnehmen.

Aufgrund der Preisklasse gehen wir aber davon aus, dass im LG HU85LS die höherwertige Variante von XPR zum Einsatz kommt. Dabei wird ein 4-Megapixel-DMP-Chip vertikal geshiftet, um die Pixelanzahl auf 8 Megapixel zu verdoppeln und die 4K-Auflösung zu erreichen. Das ist nicht das Gleiche wie eine „echte“, native 4K-Auflösung, soll dieser aber im Vergleich zu anderen E-Shift-Technologien am nächsten kommen.

Bei der Lichtquelle setzt der LG HU85LS auf einen Farbrad-losen 3-Channel-Laser anstelle der konventionellen UHP-Lampen. Dahinter verbirgt sich gleich eine ganze Reihe von Vorteilen. Herkömmliche DLP-Beamer mit UHP-Lampe erzeugen die Farben durch ein schnell rotierendes Farbrad im Lichtkanal. Auch die Farben werden hier also nicht gleichzeitig, sondern nacheinander erzeugt und das menschliche Auge ausgetrickst. Das funktioniert aber nur zum Teil. Viele stören sich bei der DLP-Technik an den Farbblitzern, die zum Beispiel bei schnellen Augenbewegungen diesen Trick doch sichtbar werden lassen.

Farbrad-loser 3-Channel-Laser (Abbildung: LG)
Farbrad-loser 3-Channel-Laser (Abbildung: LG)

Der LG HU85LS setzt dagegen einen blauen und roten Laser als Lichtquelle ein. Daraus werden die drei Primärfarben separat erzeugt. Auf ein schnell rotierendes Farbrad, das auch generell eine zusätzliche Lärmquelle bei DLP-Projektoren darstellt, kann komplett verzichtet werden. Ferner verspricht der Hersteller dadurch beim LG HU85LS die ultimative Farbpräzision und die Wiedergabe eines größeren Farbraums. Der Rec.-709-Farbraum (sRGB) soll zu 100 % und DCI-P3 zu 97 % abgedeckt werden. Eingangssignale werden mit bis zu 12 Bit verarbeitet.

Last but not least sind LED- und Laserprojektoren praktisch wartungsfrei. Kostspielige Lampenwechsel entfallen, und die Licht- und Farbleistung sollen während der Lebensdauer nahezu konstant bleiben. Ferner wird im Betrieb weniger Abwärme erzeugt. Daher sind diese Beamer vergleichsweise leiser zu kühlen, und die Auf- und Abkühlphase bei Inbetriebnahme entfallen. Dem Instant-on-Feeling eines TV-Gerätes kommen solche Modelle daher am nächsten.

Ein ebenfalls sehr erwähnenswertes Feature des LG HU85LS liegt im dynamischen Tone-Mapping von HDR10-Content. Worum geht es dabei? Das HDR-Ausgangsmaterial kann grundsätzlich erheblich höhere Dynamikumfänge enthalten, als heute auf HDR-Geräten beliebiger Preisklassen überhaupt darstellbar sind. Umgekehrt schmücken sich viele Produkte mit dem HDR10-Logo, wobei die tatsächlichen Wiedergabefähigkeiten völlig unterschiedlich sind. Damit der HDR-Film trotzdem auf allen Geräten vernünftig wiedergegeben werden kann, ist ein sogenanntes HDR-Tone-Mapping erforderlich, um HDR-Content und Wiedergabefähigkeiten des jeweiligen Endgerätes zusammenzubringen.

Bislang haben viele Endgeräte dazu aber ein konstantes Target für den ganzen Film verwendet. So eine Durchschnitts-Optimierung ist zwar besser als nichts, aber beileibe nicht das Gelbe vom Ei. Bei HDR-Monitoren und -TVs mit 1000 nits oder besser spielt das Tone-Mapping keine so große Rolle. Projektoren sind von derartigen Lichtleistungen aber weit entfernt. Hier kann es schnell vorkommen, dass dunkle Szenen zu dunkel dargestellt werden und helle Szenen überstrahlen. Beim LG HU85LS soll dagegen das dynamische Tone-Mapping (Frame für Frame) für eine originalgetreue Wiedergabe sorgen. Der Hersteller verspricht dabei zudem eine hohe Lichtleistung von 2700 ANSI-Lumen.

Für flüssigere Bewegungsabläufe sorgt die TruMotion-Technologie. Dabei werden Animations-Frames zwischen den vorhandenen Frames erzeugt – und zwar selbst bei 4K, HDR und 60 Hz. Dank webOS 4.5 hebt sich der LG HU85LS auch beim Komfort und der Feature-Integration von klassischen Heimkino-Projektoren ab. Im Prinzip ist ein komplettes Betriebssystem integriert, mit Zugriff auf Inhalte im Netzwerk und vorinstallierten Streaming-Diensten wie Netflix und Amazon Prime. Der LG HU85LS versteht sich damit als vollwertiger Ersatz zu einem Smart-TV.

Manuel Findeis

... beschäftigt sich beruflich wie privat seit über 20 Jahren intensiv mit den Themen und Entwicklungen in der IT-Branche. Als freiberuflicher Autor, Testredakteur und Fotograf, kennt er die Anforderungen an ein gutes Display. Für PRAD ist er seit 2013 tätig.

Interessante Themen

10 Gedanken zu „Test LG HU85LS – Ultrakurzdistanz-Beamer mit 3-Channel-Laser“

  1. Hi,
    habe den HU85LS für günstig Geld geschossen und versuche mir gerade in der Welt der CLR & FRESNEL Leinwänden.

    Bei den CLR Leinwänden kommt es aber bei fast allen zu einem Blaustich. Hängt das an meinen Einstellung?

    Gibt es irgendwelche speziellen Einstellungen für die verschiedenen Modi?

    VG

    Antworten
  2. Sind die Leinwand wo getestet worden sind mit die normalen Gain 1.0 oder hab ihr da auch die speziell dafür vorgesehen UST-Leinwände wo das Licht von unten direkt nach vorne projiziert wird und die streulichte von der seite dann gedämpft wird.

    Antworten
  3. Tolles Review, vielen Dank!
    Ich bin Besitzer eines HU85LS und habe das Problem, dass das Bild bei sämtlichen Netflix Filme/Serien extrem ruckelt. Dies war beim vorgänger TV (Sony 47″) nicht der Fall.
    Die Verbindungseinstellungen haben sich dabei nicht verändert: Shield TV (2015) -> AV Receiver -> HU85LS

    Ist euch dieses Verhalten ebenfalls aufgefallen, oder liegt es eventuell an meine Einstellungen?

    Antworten
    • Ich überlege mir den Beamer auch zu kaufen. Verwenden Sie den Beamer als TV Ersatz, also auch bei Tageslicht? Wie zufrieden sind Sie ?

      Da ich den Beamer nicht besitze, kann ich Ihnen bei dem geschilderten Problem leider nicht helfen. Vielen Dank für die Antwort.

      Antworten
      • Hab zwar ein alte UST-Beamer von Phillips mit normale Leinwand wo ich als TV Ersatz benütze.
        Hab jedoch mal ein ein kleine LeinwandMuster bestellt wo extra für UST-Beamer ist und muss sagen, der Unterschied ist extrem. Jedoch ist der Leinwandfarbe grsu und nicht weiss. Was man Berücksichtigen muss.

        Hoffe konnte dir da was helfen.

        Antworten
        • Vielen Dank für die Antwort. Ich konnte den LG schon in Action bestaunen, aber Langzeitanwendungen sagen mehr als der Kurzaufenthalt beim Händler. Das ich eine Hochkontrastleinwand benötige ist mir bekannt. Hab mich sehr intensiv damit auseinandergesetzt. Trotzdem Danke.

          Antworten
    • Hallo Marco, abgesehen von den im Test geschilderten Problemen beim Start der Streaming-Anwendungen: nein. Wenn sie sich aufrufen ließ, lief die Netflix-App im Test ausgesprochen gut und performant. Hast Du es schon mal mit der Netflix-App des Beamers dirket versucht?

      Antworten

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