Test ViewSonic VP2776: 165-Hz-Monitor mit ColorPro-Wheel
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Hardware-kalibrierbarer Grafikmonitor, der mit dem ColorPro-Wheel ausgestattet ist, das die Bedienung des OSDs ermöglicht und als Kolorimeter dient

Messungen nach Kalibration und Profilierung

Software-Kalibration

Für die nachfolgenden Messungen wurde das Gerät aus Quato iColor Display heraus kalibriert und profiliert. Die angestrebte Helligkeit lag bei 140 cd/m². Als Weißpunkt wurde D65 gewählt.

Beides stellt keine allgemeingültige Empfehlung dar. Das gilt auch für die Wahl der Gradation, zumal die aktuelle Charakteristik im Rahmen des Farbmanagements ohnehin berücksichtigt wird.

Für die Kalibrierung im OSD wurden folgende Werte eingestellt:

Bildmodus: „Nutzer“
Helligkeit: 70
Kontrast: 70
Gamma: 2,2
Farbtemperatur: D65
RGB: 99/100/96
Color-Gamut: k.A.
DUE Priority: Einheitlichkeit „Aus“
Schärfe: 50
Reaktionszeit: Standard

Alle ab dem Kapitel „Profilvalidierung“ gezeigten Ergebnisse stammen aus der Software-Kalibrierung.

Hardware-Kalibration

Im Gegensatz zu Standardmonitoren bieten professionelle Displays von ViewSonic die Möglichkeit zur Hardware-Kalibration. Hier werden die Kalibrierungseinstellungen via USB-Verbindung direkt im Gerät vorgenommen. Daher enthält das anschießend vermessene Profil auch keine Kalibrierungsdaten mehr, die bei einer Software-Kalibration bei jedem Systemstart in die LUT der Grafikkarte geschrieben werden. Eine Hardware-Kalibration ist dagegen von Computer und Grafikkarte völlig unabhängig.

Das ermöglicht eine deutlich höhere Präzision bei der Kalibration und vermeidet gleichzeitig die unerwünschte Beschneidung von Farbabstufungen. Während bei einer Software-Kalibration die Anzahl möglicher Farbwerte durch die RGB-Anpassung über die RGB-Gain-Regler des OSDs beschnitten wird, bleiben bei einer Handware-Kalibration die maximal möglichen 256 Farbstufen pro Farbkanal voll erhalten.

Neben den entsprechenden Hardware-Voraussetzungen im Monitor selbst ist dazu auch eine herstellerspezifische Software nötig. Die Anwendung, die mit den Kolorimetern mitgeliefert wird, ist dazu in der Regel nicht in der Lage.

Zum Lieferumfang des ViewSonic VP2776 gehört dazu die Software Colorbration+. Damit haben wir bereits in der Vergangenheit sehr gemischte Erfahrungen gemacht. Da sie auf dem Testrechner bereits installiert war, stießen wir zunächst die Auto-Update-Funktion an. Der Monitor wurde aber auch danach nicht richtig erkannt. Erst nach dem Herunterladen und manuellen Installieren der aktuellen Version (1.1.0.10) war das der Fall.

Wir empfehlen, die Software über die zentralen Support-Seiten, der auch im Handbuch angegeben ist, herunterzuladen.

Im Gegensatz zum Download-Bereich auf der Produkt-Websiite schafft es ViewSonic hier nämlich auch, die Versionsnummer und das Release-Datum kenntlich zu machen. Ferner ist hier ein Handbuch zur Software zu finden.

Colorbration+: Device-Selection (Screenshot: ViewSonic)
Colorbration+: Device-Selection (Screenshot: ViewSonic)
Colorbration+: Kalibrierungsparameter (Screenshot: ViewSonic)
Colorbration+: Kalibrierungsparameter (Screenshot: ViewSonic)

Auf der ersten Seite kann man sich für den Basic- oder den Advanced-Mode entscheiden. Da auch letzterer schon recht „basic“ ist, empfehlen wir generell, ihn zu verwenden. Danach kann man den Monitor und das Kolorimeter auswählen. Der ViewSonic VP2776 wird hier klar als „Hardware-kalibrierbar“ ausgewiesen. Eine Wahlmöglichkeit zwischen Software- und Hardware-Kalibrierung hat man aber nicht.

Zum Schluss werden noch die Zielparameter eingestellt. Dazu gibt es ganz oben ein paar vordefinierte Presets. Sie scheinen sich auf den ersten Blick jedoch nicht als Grundlage für eigene Anpassungen zu eignen, da im Prinzip alle Parameter außer der Helligkeit gesperrt sind.

Wenn man wie im dritten Screenshot ein eigenes Preset erstellt, muss man aufpassen, dass man erst die Parameter ändert und dann auf „Save“ klickt. Ansonsten sind auch hier die Parameter nicht mehr anpassbar (wie im vierten Screenshot). Lediglich die Helligkeit und die Uniformity-Correction sind noch änderbar.

Colorbration+: Kalibrierungsparameter (Screenshot: ViewSonic)
Colorbration+: Kalibrierungsparameter (Screenshot: ViewSonic)
Colorbration+: Kalibrierungsparameter (Screenshot: ViewSonic)
Colorbration+: Kalibrierungsparameter (Screenshot: ViewSonic)

Im nächsten Schritt erfolgt dann bereits die Kalibrierung, durch die man recht nutzerfreundlich geführt wird. Für die Kalibrierung haben wir wie üblich folgende Parameter verwendet: Color-Gamut „Native“, Gamma 2,2, Farbtemperatur „6500 K“. Ohne Uniformity-Correction ist die Kalibrierung dabei erstaunlich schnell erledigt. Sie benötigt nur gut zwei Minuten.

Colorbration+: Durchführung (Screenshot: ViewSonic)
Colorbration+: Durchführung (Screenshot: ViewSonic)

Anschließend bekommt man gleich in der Software eine Zusammenfassung des Ergebnisses. Für die nachfolgenden Screenshots hatten wir auch die Uniformity-Correction mit der maximalen Feldanzahl (5 x 5) durchgeführt.

Schaut man nur auf die durchschnittlichen Farbabweichungen, sieht das Ergebnis passabel aus. Eine Maximalabweichung von 4,79 ist für eine Hardware-Kalibrierung aber alles andere als berauschend. Stirnrunzeln erzeugen auch das recht unpräzise Erreichen der Zielwerte bei Farbtemperatur, Gamma und Helligkeit sowie eine Farbraumabdeckung des nativen Farbraums von nur knapp 98 %.

Der native Farbraum ist an sich kein definierter Zielfarbraum, mit dem man vergleichen und eine Abdeckung feststellen könnte. Anscheinend hat ViewSonic aber ein „Panel-Default“ intern hinterlegt, mit dem dann verglichen werden kann. Die Abdeckung fällt mit 99,33 % höher aus, wenn man auf die Uniformity-Correction verzichtet. Auch die Farbtemperatur und die Helligkeit werden besser erreicht. Die deutliche Abweichung beim Gamma bleibt jedoch auch hier bestehen (2,1 statt 2,2).

Colorbration+: Ergebnis Zusammenfassung (Screenshot: ViewSonic)
Colorbration+: Ergebnis Zusammenfassung (Screenshot: ViewSonic)
Colorbration+: Ergebnis Gamma (Screenshot: ViewSonic)
Colorbration+: Ergebnis Gamma (Screenshot: ViewSonic)
Colorbration+: Ergebnis Delta E (Screenshot: ViewSonic)
Colorbration+: Ergebnis Delta E (Screenshot: ViewSonic)
Colorbration+: Ergebnis Uniformity (Screenshot: ViewSonic)
Colorbration+: Ergebnis Uniformity (Screenshot: ViewSonic)

Auf die übrigen Ergebnisse der „Selbstüberprüfung“ möchten wir hier nicht näher eingehen und verwenden dazu lieber unser eigenes Prozedere.

Dem Anschein nach hat die Software bislang relativ flott eine Hardware-Kalibrierung durchgeführt. Es fehlt aber noch der letzte Schritt, nämlich das Abspeichern des ICC-Profils. Danach ändert sich bereits der Desktop massiv. Dabei werden vor allem dunkle Bereiche viel zu dunkel (fast schwarz) angezeigt. Nach dem Löschen des Profils aus der Farbverwaltung ist der Spuk wieder vorbei.

Colorbration+: Desktop vor Abspeichern des ICC-Profils
Colorbration+: Desktop vor Abspeichern des ICC-Profils

Colorbration+: Desktop nach Abspeichern des ICC-Profils
Colorbration+: Desktop nach Abspeichern des ICC-Profils
Colorbration+: Desktop nach Löschen des ICC-Profils
Colorbration+: Desktop nach Löschen des ICC-Profils

Das ist schon erstaunlich und fällt auch sofort auf. Es ist eigentlich überflüssig zu erwähnen, dass eine Validierung hier zu einem katastrophalen Ergebnis führt. Das Gamma wird dabei mit 4,43 ermittelt – und genau das sorgt auch für die völlig falsche Farbdarstellung auf dem Desktop. Aber die Farbabweichungen sind ebenfalls fern von Gut und Böse.

Um andere Ursachen als einen Software-Bug auszuschließen, haben wir zunächst zahllose Messungen durchgeführt: am DisplayPort, an HDMI, mit anderen Kabeln, an anderen Ports, mit einem anderen Kolorimeter, verschiedene Kalibrierungs-Presets, andere ICC-Profil-Versionen und schließlich auch an einem anderen PC. Das Problem ist immer das Gleiche.

Zunächst ist auch unklar, ob im Hintergrund überhaupt eine Datenübertragung an den Monitor im Sinne einer Hardware-Kalibrierung stattgefunden hat. Das ist allerdings schon der Fall. Das kann man an der Änderung der Primärfarben erkennen, wenn man zum Beispiel den nativen Farbraum auf sRGB beschränkt. Das Problem liegt also auf jeden Fall primär an der Erstellung eines fehlerhaften Profils.

Manuel Findeis

... beschäftigt sich beruflich wie privat seit über 20 Jahren intensiv mit den Themen und Entwicklungen in der IT-Branche. Als freiberuflicher Autor, Testredakteur und Fotograf, kennt er die Anforderungen an ein gutes Display. Für PRAD ist er seit 2013 tätig.

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4 Gedanken zu „Test ViewSonic VP2776: 165-Hz-Monitor mit ColorPro-Wheel“

  1. Eine Frage ans Team: Ich hatte den VP2776 Mitte des Jahres hier. Mit der damaligen Firmware-Version war in den Color Modes stets ein extremer Überschärfe-Effekt aktiv der aus jeder harten Kontrastgrenze ein Relief machte. Dieser Überschärfe-Effekt ließ sich auch nicht deaktivieren. Die Color Modes waren deshalb für die Arbeit nicht geeignet weil sie das Bild enorm verfälschten.

    Haben sie wenigstens dieses Problem inzwischen in den Griff bekommen?

    Ansonsten teile ich euer Fazit – man bekommt hier (wenn man allein mal auf das verwendete Panel schaut) einen LG 27GP850 für das dreifache des Geldes mit zusätzlichen Problemen um die niemand gebeten hat.

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    • Ein Überschärfe-Effekt mit Relief-Bildung ist uns mit freiem Auge nicht aufgefallen.
      In der Interpolations-Grafik (Gitter nativ) fällt in der 100%-Ansicht allerdings auf, dass hier neben den vertikalen Linien gestrichelte Linien daneben „gemalt“ werden, die eigentlich gar nicht vorhanden sind. Normalerweise ist hier nur das Pixelraster zu erkennen.

      Bitte dabei bedenken, dass es sich um eine Makroaufnahme handelt, die ein Pixelraster von 0,233 mm sichtbar macht. Die einzelnen Striche der gestrichelte Linie sind genauso lang, aber noch Schmäler wie ein Pixel. In der für den Test verwendeten Auflösung dieser Aufnahme ist das auch nicht mehr zu sehen – nur in der 100%-Ansicht der Originalaufnahme. Mit freiem Auge dürfte es also für niemanden ein Problem darstellen. Gut ist es andereseits aber sicher auch nicht. Im Vergleich zu den vielen anderen geschilderten Problemen aber noch das geringere Übel.

      Antworten

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